Montag hiess es Abschied nehmen von der Insel. Wir hatten in Stralsund mit Freunden abgemacht und verbrachten den Nachmittag in der hübschen Altstadt. Am frühen Abend besuchten wir das Ozeanum, eine wirklich sehenswerte Kombination aus Museum und Aquarium, garniert mit einem Pinguingehege. Am Hafen vor dem Museum liegt als Hingucker die Gorch Fock, das leider derzeit ausser Dienst gesetzte Segelschulschiff der deutschen Marine. Nach dem leckeren Abendessen am Hafen schlenderten wir durch hübsche Gassen und Viertel zurück zum sehr gepflegten Stellplatz.
Dienstag führte uns die Reise durch das Mecklenburgische Küstenhinterland an Rostock vorbei nach Lübeck. Der Stellplatz an den Mediadocks liegt auf Hafengelände direkt neben einigen Museumsschiffen. Die Innenstadtinsel ist in 5 Minuten zu Fuss erreicht. Die 10 Euro Gebühr erscheinen angesichts dieser Lage günstig, auch wenn der Platz keinerlei Infrastruktur hat. Lübecks Innenstadt ist wirklich hübsch und abwechslungsreich. Am schönen Sommerabend gönnten wir uns mal zur Abwechslung etwas Junk Food in Form einer Currywurst mit Pommes am Traveufer.
Mittwoch war auf dem Weg nach Süden ein Besuch von Lüneburg angesagt. Lüneburg besticht durch seine praktisch komplett erhaltene historische Altstadt mit den vielen zum Teil recht prachtvollen Backsteinhäusern. Ein Rundgang durch die Gassen kann sich durchaus einige Stunden hinziehen, überall gibt es beschauliche Winkel und Möglichkeiten, sein Geld loszuwerden. Der Stellplatz am Rande der Altstadt liegt günstig und erschien uns ruhig. Das Parken ist auch für einige Stunden möglich.
Am Nachmittag führte die Route weiter nach Süden zum Steinhuder Meer. Steinhude hat einen Stellplatz der nah am Ort und am Seeufer liegt und daher auch sehr beliebt ist. Hier erlebten wir zum ersten Mal Campingverhalten, wie man es nicht haben will: Die Parzellen sind in Steinhude nicht sehr eindeutlig definiert. Entsprechend richten sich manche ein, wie auf einem Luxuscampingplatz und belegen fast zwei Plätze. Zuerst das Wohnmobil, dazu die ausgefahrene Markise, aussen davor noch die Sitzgruppe. Und dann vom Fernseher im Mobil aufstehen und reklamieren es sei zu eng, wenn man als Ankommender einen der letzten freien Plätze ansteuert und seinen schlanken Kasten dort abstellt. Ich dachte erst er meinte es scherzhaft – war aber nicht so. Und als sein Hund noch zu knurren anfing, entschieden wir uns für andere Nachbarn.
Das Gute am Steinhuder Stellplatz ist, dass man für 24 Stunden Aufenthalt bezahlt, also bei Spätankunft auch erst spät abreisen muss. Donnerstag war deshalb eine Rundfahrt um das Meer angesagt. Ein gut ausgeschilderter Radweg führt durch schöne Landschaften, Moorgebiete und kleine Orte rundherum. Die ca. 40 km sind aufgrund der flachen Topografie keine Herausforderung. Am frühen Nachmittag waren wir zurück und namen die Etappe ins Weserbergland nach Holzminden in Angriff. Der laut Campingführer “legendäre” Stellplatz entpuppte sich dann als schräger Mix aus Camping- und Stellplatz: Als wir ankamen und einen Platz suchten, kamen wir uns irgendwie begafft vor. Unser Platz war auf Rasen und grundsätzlich ok. Beim anschliessenden Gang zum (geschlossenen) Platzbüro trafen wir auf manchen Dauercamper und ein Gemisch aus Solarlaternen, Rasenteppichen und buntem Krimskrams um die mobilen Heime herum. Wieder wurden wir leicht argwöhnisch betrachtet, anstatt zurückgegrüsst. Und mit unserer Ankunft sank der Altersdurchschnitt garantiert zwei bis drei Jahre. Der Platz mag legendär sein, für die die dort jährlich ihre Ferien verbringen oder länger wohnen. Wir kamen uns aber hier vor wie Eindringlinge und werden den ansonsten ordentlichen Platz sicher nie mehr aufsuchen.
Freitag war ein Besuch meiner Heimat inkl. Verwandschaft angesagt. Von Holzminden nach Kassel nahmen wir die schöne Strecke entlang von Weser und Fulda. Und wenn ich schon mal in der Gegend bin, ist ein Besuch im Wurstehimmel auch ein Muss. Die Nordhessische “Ahle Wurscht” der Landfleischerei Koch ist einfach die beste. Wer sie nicht kennt, sollte sie undbedingt probieren. Der folgende Abend in lustiger Runde bei der Verwandschaft und das Streetcamping vor meinem Geburtshaus werden mir sicher dauerhaft in Erinnerung bleiben.
Am Samstagmorgen entschlossen wir uns, einen grossen Sprung nach Süden zu machen um die Schlussetappe etwas zu kürzen. Die OSMAND-Navigation spuckte einige Stellplätze am Main aus und wir landeten schliesslich in Schweinfurt auf einem nett angelegeten Platz im Grünen. Dieser lag auch wieder fussläufig zur Innenstadt. Schweinfurt kannten wir vorher nicht und es entpuppte sich auch nicht als Stadt, die man unbedingt gesehen haben muss. Die Innenstadt hat nicht viele alte Gebäude zu bieten, dementsprechend ist das Stadtbild eher nüchtern.
Am Sonntag war endgültig Heimreise angesagt. Wir machen von der A7 noch einen Abstecher ins pittoreske Rothenburg ob der Tauber. Auch hier ist der Stellplatz nah an der Innenstadt und wäre bei einem Städtetrip durchaus zu empfehlen. Die weitere Heimfahrt verlief abgesehen von einem ordentlichen Verfahrer in Memmingen weitgehend störungsfrei. Aber den Umweg durchs Allgäu nahmen wir dann noch gern in Kauf.
Nach knapp 3000 km und 14 Tagen ereichten wir dann wieder den Heimathafen. Die zwei Wochen in Deutschland waren wirklich kurzweilig und die praktisch überall vorhandene Infrastruktur für Reisemobile ermöglicht komfortables “Von Punkt zu Punkt”-Reisen. Dass auch mal ein Stellplatz dabei ist, der dem persönlichen Geschmack nicht so entspricht ist nicht zu vermeiden. Dem Campinggehabe kann man ja aus dem Weg gehen.
Wir lernten unser mobiles Heim wieder besser kennen und zu nutzen. Oski bot uns eine komfortable Unterkunft, der Runner ist definitiv auch für lange Reisen in Gebiete mit wenig Infrastruktur geeignet. Landstrom brauchten wir nie, Diesel jeweils nach ca. 800 km Strecke, Wasser alle paar Tage. Die Solaranlage produzierte teilweise mehr als eine Kilowattstunde am Tag. E-Bike Akkus mit Bordstrom laden – kein Problem bei Sonne oder Fahrt, auch Kaffeewasser haben wir fast ausschliesslich mit Strom erhitzt. Trotzdem war der Ladezustand immer zwischen 80 und 100 %. Die Dusche wurde eingeweiht und bietet genug Platz – sofern vorhanden, nutzten wir allerdings die Duschen und Sanitäranlagen auf den Plätzen. Die WC-Entsorgung ist keine Sache. Gelegenheiten dafür nahmen wir öfters wahr, um den Tank nicht zu schwer werden zu lassen. Auf Rügen mussten wir in einigen Nächten mit Temperaturen unter 15°C sogar die Heizung laufen lassen. Der Warmwasserboiler wurde nur selten angeheizt – dieser entleerte sich nach kurzer Zeit immer wieder teilweise, was einer späteren Abklärung bedarf.
Unsere Übernachtungsplätze:
Stellplatz am Kastlhof 12 € / Nacht
Stellplatz Marina Coswig 14.50 / Nacht
Campingplatz Ecktannen Waren 27 € / Nacht
Caravancamp Ostseeblick Dranske 26.30 € / Nacht
Caravanstellplatz an der Rügenbrücke Stralsund 15 € / Nacht
Stellplatz an den Mediadocks Lübeck 10 € / 24 h
Stellplatz Steinhude 11 € / 24 h
Wohnmobilstellplatz Holzminden 9.50 € / Nacht
Wohnmobilpark Saumain Schweinfurt 10 € / 24 h
Hallo Jens, die Gorch Fock gibt es zweimal. In Strahlsund liegt seit 2003 die Gorch Fock I, Baujahr 1933. Das augenblickliche Schulschiff ist die Nr. II. Die Gorch Fock ist das Typschiff einer Klasse von sechs Segelschulschiffen, zu der auch das 1958 gebaute gleichnamige Segelschulschiff der Deutschen Marine gehört. Zur Unterscheidung der Schiffe werden gelegentlich in Klammern die Baujahre, oder auch in Klammern eine 1 oder 2 angehängt, die aber nicht zum Schiffsnamen gehören. Ist etwas verwirrend.
Seit 2016 liegt die Gorch Fock II in der Werft, und man weiß nicht, ob sich eine Reparatur lohnt, wahrscheinlich wird das Ganze zu teuer.
Hallo Ursel
Danke für die Aufklärung – das wusste ich defintiv nicht. Irgendwas von dem schlechten Zustand hatte ich mal mitbekommen und mich in Stralsund gewundert. Die sah zumindest aus der Ferne nicht sooo schlecht aus.
Diese grossen Segler finde ich immer faszinierend.
Grüsse aus den Bergen,
Jens