Advent(ure) im St. Galler Oberland

Ende November: Das erste Adventswochenende steht vor der Tür. Überall stehen die Zeichen auf Weihnachtszeit, das Wetter ist so lala, der Schnee noch recht weit oben – beste Voraussetzungen also um Oski und Zottl mal wieder einen Freihstehtrip zu gönnen…

In Luzzone im Oktober hatten Kai und ich schon abgemacht, dass wir dieses Jahr noch eine Tour machen, das einzige mögliche Wochenende ist dieses vom November in den Dezember. Kai muss wie gewohnt bis am späten Freitagnachmittag schaffen, ich bin in der Umstellungsphase nach der Nachtschicht und habe schon einige Tage frei, juhu.

Lidl in Mels/SG ist unser Treffpunkt. Kai hat den üblichen Stau aus Züri raus und würde gern zur Staumauer Gigerwald fahren. Knapp 1400 m hoch gelegen und von steilen Bergen über 3000 m eingerahmt, ok…

Die Chancen auf eine offene Strasse dorthin sehe ich minimal. Trotzdem versuchen wir es, fahren noch spät in Bad Ragaz den Berg hoch und dann ins Taminatal bis zum Bergdorf Vättis. Dort geht die Stasse hoch zum See und – für uns nicht unwichtig – bieten sich alternative Stehplätze an.

In stockdunkler, leicht regnerischer Nacht kommen wir in Vättis an und sehen schon beim Dorfplatz, dass die Gigerwaldstrasse geschlossen ist. Somit fahren wir weiter zur Talschaft Kunkels und übernachten, wie ich später feststellte, sogar auf Graubündner Boden auf einem Parkplatz an der sporadisch befahrenen, bewilligungspflichtigen Strasse, die über den Kunkelspass nach Tamins in Graubünden führt. Der Parkplatz war mir schon früher bei einem Ausflug aufgefallen und seitdem wollte ich hier mal mit Oski übernachten. Passt also perfekt!

Am Ziel angekommen ist es Zeit für das leibliche Wohl. Es gibt eine Gemeinschaftsproduktion, gekocht in Zottls Küche: Reisnudeln mit Bolo al Funghi, also Hackfleisch mit Tomaten und reichlich Pilzen. War lecker, aber mit den Reisnudeln dürfte man wohl keinem Italiener kommen…

…ach und danke für den Abwasch an Kai, das rechne ich hoch an. Oski war eh komplett trocken, Wasser zu füllen im Winter ist nicht ganz einfach…

Eine ruhige Nacht folgte. Am Samstagmorgen wollte ich eigentlich meine neue Tradition, ein Drohnenflug in der Morgenstimmung gleich nach dem Aufstehen, weiterpflegen. Eigentlich – weil ohne Drohne der Flug nur schwer realisierbar ist. Mann, ich werde alt, Sparky lag also zuhause rum. Somit statt Flug ein kleiner Rundgang durch den angrenzenden Wald, einen mittelmässig ansteigenden Forstweg hochgelaufen und mit der Sony ein paar “terrestrische” Fotos und Videos aus leicht erhöhtem Standpunkt gemacht. Das muss also reichen und Kai wurde auch nicht von irgendwelchem Gesumme geweckt. Das Frühstück im Oski fiel eher mager aus, Kaffee, dazu ein Joghurt, fertig. Wir hatten ja auch recht spät noch alles aufgegessen am Vorabend.

Das Wetter zeigte sich soweit gnädig, zwar gut bewölkt, gab es doch auch einige Aufhellungen und die Bergspitzen waren zu sehen. Die Westseite des Calandas ist imponierend steil – es geht über 1500 m oft fast senkrecht hoch. Nach Morgenroutine einigen Runden von Kais Mavic brechen wir mittags auf. Eine gut erreichbare Stelle des Taminabachs nutze ich noch, um Oski etwas frisches Bergwasser in den Tank zu füllen, das Trockenheitsproblem ist also gelöst.

Abwärts nehmen wir die andere Talseite, nachdem wir die Staumauer des Mapraggsees überfahren haben. Nach den Bergdörfern Vasön und Valens erreichen wir die beeindruckende Taminabrücke. Das 2017 eingeweihte Bauwerk ist mit einer Spannweite von 260 Metern die grösste Bogenbrücke der Schweiz und die Höhe von 200 m über der Schlucht ist auch im wahrsten Sinne des Wortes tief beeindruckend. Das muss mit der Drohne auch festgehalten sein, Kai lässt die Mavic manche Runde drehen.

Im Rheintal angekommen, steht die Erkundung eines Stellplatzes im Ausland auf dem Plan. Zottl wird auf dem Rheindamm abgestellt und mit Oski nehmen wir die Strasse ins Liechtensteinische Bergdorf Malbun in Angriff. Unterhalb von Malbun, im Weiler Steg gibt es einen Stellplatz, der auf der Park4Night-App viele und gute Bewertungen hat.

Der Parkplatz am Gänglisee erweisst sich tatsächlich als angenehmer Platz, zwar wirklich nur ein Parkplatz, aber nett am kleinen See und in den Bergen gelegen. Ein Ziel, dass man ins Auge fassen kann. Wäre Zottl mit dabei gewesen – wir wären vielleicht geblieben. So aber rollt Oski die vielen Kurven zum Rhein wieder hinunter und Kai kann in Sevelen wieder das Auto wechseln. Nun ist abermals eine Bergfahrt angesagt: Die Erklimmung des Gonzen ist das Tagesziel. An der Alpstrasse gibt es mehrere Parkplätze, die allesamt kostenpflichtig sind und an einem Parkscheinautomat auf halber Höhe bezahlt werden. Wir entrichten den Obolus und fahren zumeist im 2. Gang die schmale Strasse bergauf. Der oberste Parkplatz liegt auf über 1700 m und da wollen wir hin.

Ein Vorhaben, das sich dann aber nach einigen Kilometern als nicht realisierbar erweist. Na ja, wir haben den ersten Dezember: In einer Höhe von etwas über 1400 m wird es links und rechts weiss im Wald und kurz darauf auch auf der Strasse. Eine kurze etwas stärkere Steigung, ein Schattenloch, etwas nasser Schnee, etwas halb angetautes Eis und Oskis Allwetterreifen kapitulieren. Traction+ hilft nix, es ist a…glatt. Hier ist definitiv für Oski Ende, riskiert wird nichts, Oski wird noch gebraucht, Rückzug. Einige Meter weiter oben ist die Strasse ein Stück wieder ok, noch weiter oben wieder Schnee.

Nun gilt es, die schneefreie Stelle zu erreichen und zu wenden. Also Goldschaufel raus, Eis weggehackt, Schnee beiseite, etwas Erde und Laub in die Spur und dann mit qualmenden Reifen das Stück gemeistert. Zottl mit seinen neuen Winterpneus folgt recht souverän. Statt erhaben oben am Gonzen mit Fernblick nun also ein Parkplatz im Wald. Ok, es wird eh langsam dunkel, da ist das irgendwie ja auch egal. Hauptsache, nichts und niemand kommt zu Schaden.

Solche Aktionen mit körperlicher Aktivität, leicht erhöhtem Puls und frischen Temperaturen machen Hunger: Jens darf seine am Vorabend gekochten Kartoffeln zu Rösti machen und dazu noch eine Art Zürcher Geschnetzeltes basteln, Kai ist Küchenhilfe und dokumentiert mit der Kamera, wie man eine ordentliche Rösti macht. Kai meinte, er habe noch keine bessere gegessen, ich nehme das als Kompliment 😉

Nun, wir hatten einen lustigen Abend, schwatzten, schauten Aufnahmen vom Luzzone-Trip und waren dann irgendwann auch müde. Abwasch heute im Oski, das nenn ich ausgleichende Gerechtigkeit.

Sonntagmorgen: Immer diese fetten Tropfen von den Bäumen auf das Heck von Oski, grrr. Die haben mich geweckt, aber zum Glück nicht allzu früh. Draussen Schmuddelwetter, Regen, Schnee, Graupel und alle Abstufungen dazwischen. Mal mehr, mal weniger. Dazu ist es gut windig. Absolut kein Tag für Aussenaktivitäten…

Aber für ein ausgiebiges Frühstück ideal. Somit ziehe ich mit meinem heute besonders lecker aussehenden Müesli in Zottl um, wo Kai einen aromatischen Bialetti-Kaffee braut. Und der noch aus einer Nordkapp-Tasse, wenn das mal nicht stilvoll ist!

Irgendeine Aktivität steht aber auch heute noch an, und die sollte dann noch mehr Outdoor als erhofft bringen. Kai will wissen, wie es weiter oben aussieht. Und er fragt sich, wie weit er mit dem Jumper und neuen Winterreifen wohl kommt. Also stelle ich mich als traktionsförderndes Zusatzgewicht zur Verfügung und nehme Kais Copiloten den Platz weg. Wieder nehmen wir den Berg in Angriff. Die Stelle des gestrigen Abends ist leicht überwunden. Dann ist die Strasse wieder mit seifigem angetautem Schnee/Eisgemisch bedeckt, Zottl wühlt sich gut durch – bis es kurz etwas steiler wird.

Die Traktion reisst einen Meter bevor es wieder flacher wird ab, die Bergfahrt ist zu Ende. Ein nochmaliger Anfahrversuch wird von Zottl mit einer Seitwärtsbewegung quittiert: Ein deutliches Zeichen. Und der Grund, dass Kai den Vorderwagen nicht passend zur Strasse ausrichten kann. Jetzt helfen nur Schneeketten, und die hat Kai zum Glück.

Schneeketten aufziehen ist immer so eine Sache: Als Trockenübung im Sommer, geht das immer tipptopp. Im Schneeregen bei 2 Grad und klebrigem Schneematsch ist es eine Strafe. Fast so als wolle sich Zottl für die nicht ganz artgerechte Aktion rächen…

Kai hat es aber im Griff. Mit der neu gewonnenen Traktion zieht sich Zottl aus der eher unfreiwilligen Parkbucht, wir drehen um und er rollt von den Ketten befreit wieder zum Parkplatz. Wir lernen: Ein Traktionswunder ist der Jumper nicht, aber wo er nicht weiter hinaufkommt, rollt man hinterher immerhin problemlos hinunter.

Oski darf vor der Talfahrt auch noch eine Runde machen: Eine Strasse führt vom Parkplatz zum Berghaus Gonzen. Die Topografie ist uns aber nicht klar, also probieren wir es halt. Schnell wird klar, dass wir auch hier das Ziel nicht erreichen. Wir kommen wieder in den Schnee und irgendwann ist schon bei leichter Steigung nach wenigen Metern Schluss. Also einmal mehr Rückzug. Die Bezwingung des Gonzen wird definitiv auf Frühsommer 2019 verschoben…

Nach diesen Erfahrungen und das ist durchaus wörtlich zu nehmen, rollen wird die verschlungenen Kurven wieder zu Tale und verabschieden uns schliesslich kurz vor Sargans.

Fazit: Mit den schon fast legendären gemeinsamen Sommer- und Herbsttouren kann dieser Trip nicht mithalten. Der nahende Winter zeigte uns Grenzen auf: Die der Autos, die des Wetters und die des Tageslichts. Aber wir haben es trotzdem genossen, wir haben Spass gehabt, etwas dazugelernt und wieder schöne Orte besucht. Ein gelungenes Wochenende und sicher nicht das letzte in diesem Winter.

 

 

 

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Kai sagt:

    Hallo Jens,
    huch…wir standen die erste Nacht in Graubünden? Das wusste ich bisher noch nicht :).
    Ich träume noch immer von Deinem genialen Rösti. Werde wohl nie wieder irgendwo anders eines essen können. Deins war einfach zu gut! 🙂 Danke für dieses tolle Futtererlebnis!
    War eine intensive Tour, aber Spaß war immer mit dabei.
    Danke für den schönen und lustigen Blog. Mach weiter so!
    Viele Grüsse.
    Kai

    1. vanamericana sagt:

      Ja, kurz hinter der Grenze! Ok, das nächste Mal wieder Röschti! Mit Chäs u Schpigeley, haha.
      Grüsse, Jens

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